Johann Franz von Schefold, Geheimer Rat und Regierungsdirektor in Buchau

(Bearbeitet von Dr. Max Schefold)

Aus nahestehenden Gründen ziemt es sich, in unserer Familiengeschichte dieses Mannes besonders zu gedenken. In unse¬rem Stammbaum bildet er nicht nur die Brücke hinüber nach Markdorf, er ist vor allem der Stammvater der Buchauer Linie, die schon in der folgenden Generation durch die erstaunliche Zahl von 19 Kindern, von denen allein 12 geheiratet haben, rasch in die Breite wächst. Als bedeutende Persönlichkeit wird uns der letzte Oberbeamte des Reichsstiftes Buchau geschildert; eine führende Stellung muß er um die Wende des 18. zum 19. Jahrhundert auf politischem wie auch geistigen Gebiet in Ober¬schwaben eingenommen haben.

Was im folgenden zusammengetragen wurde, fußt zunächst auf seiner Hauschronik und dem Tagebuch seines Sohnes Franz Eduard, ferner auf Urkunden im Württembergischen Staatsarchiv und Aktenauszügen aus dem fürstlich Thurn-und-Taxis’schen Archiv in Regensburg. Als weitere Quelle diente die ungedruckte Chronik von Biberach von J. K. Krais (1822) und die Buchauer Chronik von Joh. E. Schöttle (Waldsee 1884), ferner die Erinnerungen eines Schwaben (J. B. Pflug), herausgegeben von J. E. Günthert, die Oberamtsbes-chreibung von Riedlingen und das Kunstinventar vom Donaukreis.

Geboren ist Franz Joseph Schefold als Sohn des Kunst- und Kirchenmalers Johannes Schefold und der Maria Beatrix Enroth am 24. Januar 1750. In seinem Tagebuch, das erst mit dem Jahre 1772 einsetzt und uns über seine Jugend im Stich läßt, schreibt er von Markdorf. Urkundlich ist die Geburt in den Markdorfer Taufbüchern allerdings nicht zu belegen. Wie schon bei seinem Vater berichtet wurde, scheint Schefold keine weiteren Geschwister gehabt zu haben. Wo er außer Markdorf zur Schule gegangen, wissen wir nicht; später aber hat er um 1770 die Straßburger Universität bezogen, in denselben Jahren also, in denen auch Goethe dort studierte.

Im Jahre 1772 wurden die Studien in Straßburg vorläufig abgeschlossen. Am 22. April 1773 beginnt Schefold nach 9 monat-licher Praxis bei der Fürstbischöflich-konstanzischen Regierung in Meersburg seine Arbeit zunächst als Kanzlist in dem Kaiserl. gefürsteten freiweltlichen Reichsstift Buchau. Rasch sollte er dort zu höheren Aemtern aufrücken.

Das Buchauer Stift war ursprünglich eiu Nonnenkloster, dessen Aebtissin einst Irmengard, die Tochter Ludwig des Deutschen war; im 13. Jahrhundert ward es in ein weltliches Chorfrauenstift zur Versorgung adliger Damen umgewandelt. Die Fürst-Aebtissin hatte auf dem Reichstag Sitz und Stimme auf der rheinischen Prälatenbank. Der Haushalt, den das Stift führte, war wahrhaft fürstlich zu nennen; das dem Stift gehörige Gebiet bildete ein eigenes Oberamt, das von einem umfangreichen Verwal-tungsapparat verwaltet wurde. An dessen Spitze stand ursprünglich ein „Kanzler“, später hieß er Oberamtmann oder Regie-rungsdirektor; diesem standen zwei Hof- und Regierungsräte zur Seite, ferner Sekretäre, Registratoren und Kanzlisten.

Schon im folgenden Jahr seiner Buchauer Tätigkeit, am 20, März 1774, wird Johann Franz Schefold Regierungssekretär, 1775 ist er schon Kanzleirath. In den Jahren 1777 auf 78 wird das Stiftsarchiv, das sich heute in Obermarchtal befindet, von ihm eingerichtet; von seiner Hand stammt auch ein musterhaft geführtes Repertorium nebst Einleitung über die damaligen Stiftsdamen und eine Liste der Aebtissinnen, zumeist von Wappen begleitet. Wer heute nach Obermarchtal kommt, mag sich die schön ausgeführte Arbeit auf dem fürstlichen Archiv zeigen lassen!

Am 16. Februar 1781, mit knapp 31 Jahren, wird Schefold Hofrath und Regierungsdirektor. Wenige Wochen später erwirbt er sich auf der Straßburger Universität den Doktorhut; noch ist das Diplom, ausgestellt am 7. April 1781, vorhanden. In den Matrikula Generalis Jurisprudentiae erscheint er unterm 3. April 1781 als „hochfürstlich Reichsstift-Buchauischer Hofrath“ (K. A. Barack, Württemberger auf der Straßburger Universität — Württembg. Vierteljahreshefte f. Landesgeschichte 1879, S. 161 ff.: — Nr. 1921). Schefold rückte an die Stelle des Geheimen Raths und Regierungsdirektors Karl Joseph Anton von Enroth ein, mit dem er durch seine Mutter durch verwandschaftliche Beziehungen verbunden war; vermutlich war Enroth sein Onkel. In diesen Jahren schied auch der Geheime Hofrath Joseph Felix Widmann im Alter von 62 Jahren aus dem Dienst. Er war inzwischen der Schwiegervater von Schefold geworden, der am 5. Januar 1782 Maria Carolina Widmann heiratete. Die Trauung in der Stiftskirche zu Buchau vollzog der Domkapitular Kanonikus Josef Anton Halm.

Als Mann von Weitblick und hohem technischen Verständnis, als „tatkräftige und vielseitige Persönlichkeit“ wird Schefold gerühmt. In seine Amtszeit fällt zunächst die Einrichtung einer Druckerei und eines Theaters und die Gründung einer Normalschule, dann hören wir von Anlegung neuer Straßen, von der Errichtung des Weilers Moosburg (1792,), was ihm die Ehren¬bürgerschaft von Moosburg einbrachte. Neben seinen Ver¬diensten um die Landwirtschaft in der Buchauer Gegend, seinen Kämpfen um die Allmenden, wird vor allem die von ihm zur Gewinnung von Ackerland unternommene Fällung des Federsees als großzügiges Kulturwerk gerühmt. Schöttle; der Buchauer Chronist, schreibt darüber: „Eine äußerst vorteilhafte That der Stiftsregierung war die Seefällung, 1789 durch-geführt. Obgleich das Werk mangelhaft ausgeführt wurde, gewann man doch über 1300 Morgen culturfähigen Boden; Kappel und Buchau erhielten jetzt Allmenden. Die Initiative hiezu ging von Geheimrath Schefold aus. Es bleibt dies sein unverwelkliches Denkmal.“ 1790 bemüht sich Schefold in Wien um die Errichtung eines Vieh- und Fruchtmarktes in Kappel (Oberamtsbeschr. von Riedlingen S. 823).

Am 12. Oktober 1790 erfolgt die Ernennung zum Geheimen Rath. Gemäß einer Pergamenturkunde mit kaiserlichem Siegel im Staatsarchiv in Stuttgart (Stift Buchau B. 66, Rep. 620) vom 23. August 1791 belehnt Kaiser Leopold II. den Buchauischen und fürstlichen Geheimen Rath lic. Schefold als Lehnsträger der Aebtissin Maria Maximiliane von Buchau mit dem großen und kleinen Zehnten von Moosheim, Groß- und Kleintissen. Ausgestellt ist die Urkunde in der K. u. K. vorderösterreichischen Hauptstadt Freiburg i. B. Im Dezember 1797 ist Schefold als Gesandter des Schwäbischen Kreises beim Kreiskonvent zu Augsburg. Unterm 9. Mai 1802 wird er korrespondierendes Mitglied der vaterländischen Gesellschaft für Naturkunde.
Viel Not ist unterdessen über Oberschwaben hereingebrochen; das Tagebuch bringt manch Andeutungen von „Sorgen, Kummer und Leiden, die wir den Sommer (1796) hindurch und bis auf den 6. Oktober von den Franzosen in dem itzigen Kriege und bis zu ihrem Rückzüge von hier und unseren Gegenden ertragen mußten“. 1800 ist wieder die harte Kriegszeit erwähnt, wo Buchau von französischen Truppen umrungen ist. Ein andermal erfahren wir von dem am 8. Mai 1800 ausgestandenen „Schrecken und Kummer beim hiesigen Einrücken des auf schlimme Art berühmten französ. Generals Tarrau.“

Durch den Reichsdeputationshauptschluß, der die Katholische Kirche im Deutschen Reich als politische Körperschaft vernichtete, wurde das Stift 1802 den Fürsten von Thum und Taxis als Ersatz für ihr linksrheinisches, an Frankreich fallendes Gebiet zugesprochen. „Unter dem 21. Januar 1803 erließ Seine Durchlaucht der Fürst Karl Anselm von Thum und Taxis eine Instruktion, worin er sich vorbehalten hatte, dem Geheimrath Scheffold einen seiner langjährigen Dienstzeit angemessenen Wirkungskreis einzuweisen.“ (Schöttle, Buchau) Laut Dekret aus Wien vom 2. Januar 1803 wird Schefold zum Geheimen Rath des hochfürstl. Regierungs- und Hofgerichts Buchau mit einem Bezüge von 3000 fl. ernannt. Nicht ohne Reiz ist im Tagebuch zu lesen, wie die Weltgeschichte in die Familie hineingreift; dort steht anläßlich der Hochzeit der Tochter Karoline mit Dr. Bleicher: „im Beysein der meinigen und vieler Gäste, besonders der Tags vorher eingerückten Hochfürstlichen Thum und Taxis’schen Kommission, des Herrn Grafen v. Westerholf, H. Hofrath von Dollin, pp., welche das hiesige fürstl. Stift als die ihrem Fürsten zugeschriebene Entschädigung provisorisch in Besitz nahmen, dann des Herrn Reichsprälaten von Schussenried, Abts Syard wie sämtlicher hiesiger höchsten und hohen Herrschaften, und besten und gnädigsten Fürstin und der gnädigen Damen, welche alle und in allem über 50 Personen das hochzeitliche Mittag- und Abend-speisen mitgenossen.“

Am 13. Juli 1803 verlegt nun Schefold seinen Wohnsitz nach Biberach, wo er zunächst den Schadenhof, einen stattlichen Bau aus dem 16. Jahrhundert bezog, der ursprünglich im Besitz der Brandenburg, dann der Schad in Warthausen war und später im 19. Jahrhundert Jahrzehnte als Oberamtei gedient hat. 1812 erwarb Schefold von der Freifrau Reuttner von Weyl ein Haus in der Kronengasse 29 (heute Sennhofgasse 16). Auch dies ein stattliches Herrschaftsgebäude, das seine Geschichte besaß. 1570 hat es Bürgermeister Wilhelm II. von Brandenburg erbaut, 1756 kaufte es Graf Stadion-Warthausen und „ließ es prachtvoll einrichten, so daß es für das eleganteste in ganz Oberschwaben galt“. Später gehörte es der gräflichen Familie Fugger-Boos. Seit 1862 hausen die Barmherzigen Schwestern darin, später gehört es der Spitalver-waltung. Das Haus, das schon in den Revolutionskriegen öster-reichischen Feldherrn als Abstiegsquartier diente, war auch in den Jahren 1814 und 15 das bevorzugte Quartier für die Führer der öster-reichischen Truppen. Eine Liste, die wir der Biberacher Chronik von Krais entnehmen, wirft, zumal beim Vergleich mit den damaligen Einquartierungen beim Bürgermeister, schließlich auch ein Licht auf die gesellschaftliche Stellung, die Geheimrat Schefold in Biberach einnahm.

Eine reizende Charakteristik von Schefold ist uns in den Lebenserinnerungen des Biberacher Malers Johann Baptist Pflug erhalten, der uns übrigens seinen Gönner auch zweimal in Miniaturen im Bilde verewigt hatte, einmal wohl bald nach 1803, das anderemal in Jahren nach 1820. Wir lassen im folgenden Pflug selbst sprechen: „In Folge der Aufhebung des Stiftes Buchau, 1803, war der Geheimrath Schefold von dorten nach Biberach in den sog. Schadenhof gezogen. Er hatte einen guten Weinkeller und kam daher mit dem Küfer Pflug oft zusammen. Bei einem solchen Besuche sah er meine Zeichnungen und stellte den Vater sogleich zur Rede: warum er ein solches Talent zu Grunde gehen lasse? Er versprach, mich in sein Haus aufzunehmen und mir den nötigen Unterricht im Oelmalen ertheilen zu lassen. Sein Vater war nemlich selbst ein Kirchenmaler und obschon ein vorgerückter Achtziger, noch rüstig genug, um mir seine Kunst zu lehren.

Der erste Besuch bei Schefold wird mir immer unvergeßlich bleiben. Nicht groß aber sehr korpulent, hatte dieser Herr ein volles, rothes‘ Gesicht mit lebhaften Augen und schneeweiße Haare; er trug die reinlichste Wäsche, einen Jabot, der unter der weißen Piqueweste hervordrang, zierliche Manschetten an den Hemd-ärmeln, einen aschfarbigen Oberrock und kurze Beinkleider, weiße seidene Strümpfe und große silberne Schnallen auf den Schuhen. Aus den beiden Uhrentaschen hingen zwei goldene Ketten mit Chachet heraus — in den Händen hatte er eine längliche goldene Dose, aus der er zierlich schnupfte, während er mit mir sprach. So stand er, gebietend über mein Schicksal, in einem reich möblierten Zimmer, aus dem in einen kleinen Saal voll Bilder gesehen werden konnte, auf welche sich meine Blicke während des Gespräches neugierig richteten.

Ich arbeitete nun den ganz Tag im Schadenhof, wobei der Geheimerath und sein Vater stets anwesend waren; der Letzterer lehrte mich erst die Kunst des Malens — grundiren, die Farben verstehen; mischen usw. und wenn sich auch Vater und Sohn in ihren Kunsturtheilen dann und wann in die Haare geriethen, so widmeten sie mir doch ununterbrochen ihre ganze Sorgfalt. Bald verfertigte ich Kopieen von Schefolds Gemälden, welche sehr gesucht waren und mir ein schönes Stück Geld ums andere verschafften.“

Am 19. Oktober 1828 ist Johann Franz Joseph Schefold in Biberach nach 15tägigem schmerzhaften Krankenlager an Brustwassersucht gestorben. Am 22. Oktober erfolgte die Bestattung auf dem Biberacher Friedhof neben dem Grab seiner Fürstin; dann wurde in der Kirche das Trauer- und Lobesamt gehalten.

An Bildnissen des Geheimrates sei als erstes auf das feine, wohl gegen 1780 entstandene geistvolle Jugendbildnis in Pastel hingewiesen; wo er als kultivierter gepflegter Mann in himmelblauer Weste und silbergrauem Mantel erscheint. Aus derselben Zeit das stolze Oelblld seiner Frau Karolina in mächtigem Haaraufbau. Diesem folgt, um 1795 das Bildnispaar im Buchauer Museum; Haltung und Gebärde, die Tracht wie die Malerei tragen noch ganz den Charakter des 18. Jahrhunderts. Um 1810 entstand das Miniaturpaar von Johann Baptist Pflug im Besitz von Pfarrer Lang in Derendingen; den Abschluß bilden die beiden nun ganz bürgerlichen nach 1820 gemalten und von Pflug signierten Miniaturen: im Besitz von Eduard Schefold.

Die Frau des Geheimrats, Maria Carolina Helena Joanna Nepomucena Widmann, ist am 13. Mai 1763 als Tochter des Geheimen Hofrats: Felix Widmann in Buchau geboren. Ihren Namen erhielt sie zu Ehren ihrer Gevatterin, der damals regierenden Fürstäbtissin von Buchau Maria Carolina geb. Gräfin zu Königsegg, Die Firmung, die am 17. VI. 1768 in Buchau stattfand, vollzog Weihbischof Graf Fugger von Glött, zur Firmung wurde sie von der Stiftsdame Felizitas Erbtruchsessin Gräfin von Zeil und Wurzach geführt. Ueber die Familie Wiedmann, ihre ebenfalls aus Markdorf stammenden Großeltern, Eltern und Geschwister wird an anderer Stelle berichtet. Weder in Urkunden und Akten noch in der Literatur sind uns sonst über sie irgendwelche Nachrichten übermittelt. Ist uns auch an schriftlicher Ueberlieferung von ihrem Lebensweg, von ihrem Schicksal wenig Kunde gegeben, so spricht doch die erstaunliche Zahl von 19 Kindern, denen sie das Leben geschenkt; genug über sie. Auch von ihrer Seite, von ihrer reichen Persönlichkeit, müssen all die Kinder ein gut Teil, an Begabung und natürlichem Talenten und Lebenstüchtigkeit mitbekommen haben. — Ein Jahr nach dem Tode ihres Mannes zog sie nach dem Verkauf, des Hauses in Biberach am 18. April 1829 nach Buchau zurück, wo sie eine jährliche Witwenpension von 600 fl. erhielt. Dort bildete sie noch bis zu ihrem Tod den Mittelpunkt für die zahlreiche und inzwischen im ganzen Oberland verstreute Familie. Sie starb am 17. September 1838 im Alter von 75 Jahren; sieben Geistliche amtierten beim Trauergottesdienst, darunter der 85jährige Pfarrer Illmensee als »aIter treuer Freund des Hauses, 12 Kinder, 28 Enkel und nicht weniger als 15 Urenkel hinterließ die Geheimrätin bei ihrem Tod — als familiengeschichtliche Merkwürdigkeit sei erwähnt, daß die jüngste heute noch lebende Urenkelin erst 1899 geboren ist.

Es wäre unbillig, über den Geheimrat zu berichten, ohne einer Frau zu gedenken, die nicht nur die Herrin von Buchau und damit seine Vorgesetzte war, sondern auch über der Familie wie ein guter Schutzgeist waltete. Es war die Fürstäbtissin Maximiliana, Gräfin von Stadion in Thann und Warthausen. Geboren um 1735, ist sie 1754 ins Stift aufgenommen worden und ward am 25. September 1775 zur Fürstäbtissin gewählt; sie sollte die letzte Aebtissin des Buchauer Reichsstifts werden. Nach dessen Aufhebung im Jahre 1803 zog sie zunächst nach Warthausen, später nach München, wo sie 1816 starb; wie die Kanonissinnen erhielt sie reichliche Appanage von den Fürsten Thum und Taxis. Das schönste Verhältnis von Vertrauen und Freundschaft muß zwischen ihr und ihrem Regierungsdirektor von Schefold bestanden haben; das große Wohlgesinntsein blieb aber auch nach der Aufhebung des Stifts aufrechterhalten. In seinem Tage-buch spricht er von „unserer besten gnädigsten Fürstin, unserer wirklichen Mutter“, ein andermal von „unserer gnädigen Wohltäterin“. Bei den meisten seiner Kinder übernimmt sie die Patenschaft, wenn möglich, nimmt sie an den vielen Taufen selbst teil; das Erstgeborene erhält selbst den Namen der Gönnerin. Mündlicher Tradition zufolge sollen die Schefolds-kinder von Biberach aus viel nach Schloß Warthausen gekommen sein, wo sie bei der Fürstäbtissin zu Gast waren und so manches Mal mit Golddukaten spielen durften, die ihnen die Gönnerin zurollte!
Von der stattlichen äußeren Erscheinung der klugen und energischen Frau gibt ein Oelbildnis im Besitz von Fräulein zum Tobel in Stuttgart Kunde, wo sie in weltlicher Tracht, nach der Aufhebung des Stifts erscheint.

Von der Fürstin abgesehen erscheinen, neben dem engeren Kreis der oberschwäbischen Amtskollegen manch andere hochgestellte Persönlichkeiten, mit denen Schefold in freundschaftlichem Verkehr stand und die auch als Taufpaten bei seinen Kindern fungierten. Auch diese Namen, deren Titel dem Tagebuch entnommen sind, geben ein kleines Spiegelbild von der damaligen Kleinstaaterei, als ganz Oberschwaben in eine Menge kleiner weltlicher und geistlicher Besitztümer verzettelt war. Erwähnt seien: ,,S. Exzellenz der regierende Herr Reichsgraf Ernst von Königsegg-Aulendorf, K. K. Geheimer Rat und Minister am schwäbischen Kreis“ (gest. 1803) ferner „S. hochfürstliche Durchlaucht, der regierende Fürst von Oettingen und Oettingen-Spielberg“, der z. B. bei Aloys Schefold zu Gevatter steht, dann Graf Philipp von Stadion, damals K. K. Gesandter in Schweden. Von den Beziehungen; zum Fürsten Metternich- Winneburg, der in Ochsenhausen residierte, dem Bruder des österreichischen Staatskanzlers, ist in Pflugs Erinnerungen die Rede. Nach mündlicher Ueberlieferung soll er bei der Erhebung Schefolds in den Adelsstand vermittelt haben. Eine wesentliche Rolle im Freundeskreis muß Abt Syard, Reichsprälat in Schussenried und Kanonikus Georg Vogler, Prämonstratenser Chorherr in Schussenried und Buchauischer Hofprediger und Stiftspfarrer, gespielt haben, der auch häufig Taufen und Trauungen in der Familie vorgenommen hat.

Die Beziehungen, die Geheimrat Schefold im Jahr 1802 zum erstenmal mit dem Fürsten Thurn und Taxis angeknüpft hat, sind auch von der Familie auf lange hinaus aufrecht erhalten worden. Vier Söhne und zwei Schwiegersöhne waren durch ihren Beruf mit der fürstlichen Regierung verbunden, teilweise während ihrer ganzen beruflichen Tätigkeit. So war Philipp Schefold fürstl. Thurn- und Taxis’scher Amtsrichter in Buchau, F. H. Th. von Halberstadt war, bevor die Post vom Württembergischen Staat übernommen wurde, im Dienst der Taxis’schen Post, Christian Troll war Obervogt in Schemmerberg, Joseph Schefold war zuerst Rentamtsschreiber in Dürmentingen, später in fürstlichen Dienisten in Scheer, Falkenstein und Buchau. Johann Baptist war jahrzehntelang als Pfarrer in Obermarchtal, dem Taxis’schen Schlosse, der jüngste Bruder Franz Eduard endlich war wenigstens eine Reihe von Jahren in Scheer und Obermarchtal Thurn und Taxis’scher Beamter. Schließlich wollen wir den Sohn von Maximiliane, Maximiliane zum Tobel, den fürstl. Rentmeister zu Straßberg nicht vergessen.

Über den Adel Schefolds sind wir lediglich auf mündliche Ueber-lieferung angewiesen, die nicht mehr im einzelnen belegt werden kann. Anläßlich seiner Anwesenheit auf dem Reichstag in Augsburg, vermutlich 1797, soll er vom Kaiser in den erblichen Adelsstand erhoben worden sein. Er scheint aber nie großen Wert darauf gelegt zu haben; seine Kinder recht zu erziehen war ihm wichtiger als ein großes Haus zu führen, zudem fehlte ihm der nötige Besitz an Schloß und Gütern.

Ueber die Gemäldesammlung Schefolds, die ja auch bei Pflugs Erinnerungen erwähnt ist, wissen wir kaum noch etwas. Kurz nach dem Tode des Besitzers ist sie in alle Winde verstreut worden. In seines Sohnes Tagebuch ist von einer Auktion die Rede, die „mit Ausnahme der Bilder“ guten Erlös gebracht haben soll. 1859 sind von der Altertümersammlung in Stuttgart zwei ältschwäbische Tafelbilder vom Meister Conrad Weiß in Nürtingen, ein Tod Marians und eine Befreiung Petri, vom Rentmeister Josef Schefold erworben worden, die Bilder, heute in der Staatsgalerie, stammen zweifellos aus der Sammlung des Geheimrats. In der Familie befinden sich heute nur noch wenige Gemälde aus der Sammlung, so eine Landschaft von Johann Heinrich Schönfeldt, eine Bärenhatz von Josef Melchior Roos, einige Bauernszenen in niederländischer Manier, Bildnisse und endlich zwei holländische Genrebilder aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts.

Das siebzehnte Kind, Johann Baptist Schefold, ist in Biberach 1804 geboren und 1885 in Obermarchtal gestorben. Pfarrer und Schulinspektor in Obermarchtal. Taufpaten waren : „Freiherr Johann Baptist von Ulm, der hohen Domkirche zu Eichstätt Kapitular und Regierungspräsident, Herr von Mittelbiberach, ferner Ihre hochfürstliche Gnaden Frau Maximiliana Esther Fürstin von Buchau geb. Gräfin von Stadion.“ In das Wilhelmstift Tübingen wurde er laut Regierungsblatt von 1823 aufgenommen. Ordination am 17. September 1828. Alle Zeugnisse und bischöflichen Urkunden von Rottenburg sind heute noch vorhanden. Die Primiz fand in Biberach statt, gleichzeitig traute Baptist Schefold seine Schwester Maria Auguste und seine Nichte Augusta zum Tobel. Ueber die Feier der Primiz schreibt Krais in seiner Chronik von Biberach: Johann Baptist Schefold wurde in Rottenburg a. N. zum Priester geweiht, und sollte hier am Sonntag, den 5. Oktober seine erste Predigt in der Pfarrkirche ablegen, und am folgenden Tage daselbst die erste Messe lesen und eine seiner Schwestern copulieren, zu welcher Feierlichkeit große Vorbe¬reitungen gemacht und alle auswärtige zahlreiche Anverwandte und Bekannte eingeladen wurden. —

Am 2. Tage vorher befiel aber den Vater eine heftige Krankheit, worauf alles abgestellt werden mußte und der neue Priester hielt seine Verrichtungen) an den gedachten Tagen ohne allen sonst bei solchen Artlässein gewöhnlichen Pomp. Er, der Vater, starb am 19. Oktober. Von 1828 an war Schefold teils Vikar in Ravensburg, teils‘ Pfarrverweser in Obereschach und Baindt. Pfarrkonkurs 21. bis 25. Februar 1831. Darauf Pfarrer in Sießen bei Saulgau; am 20. April 1846 in Obermarchtal. Von 1846 bis 1885, bis zu seinem 81. Lebensjahr war er in Obermarchtal als Geistlicher und Schulinspektor tätig. 1847 gründete er die dortige Orts¬sparkasse. In der ganzen Gegend war Schefold eine bekannte und beliebte Persönlichkeit; auch als Obstbaumzüchter hat er sich hervorgetan (Oberamtsbeschreibung von Ehingen). Sehr verdient hat sich Schefold auch um die Instandhaltung des Soldatenfriedhofs gemacht, wozu er von den Herrscherhäusern in Oesterreich und Rußland z. T. unter Vermittlung der Königin Olga erhebliche Summen einzubringen wußte. Auch heute noch steht er unter den älteren Obermarchtalern in bestem Angedenken. Ein 84jähriger Obermarchtaler, der einst im Bären zu Rechtenstein beim regelmäßigen Kegelabend für den Pfarrer den Kegelbuben machte, weiß noch manches von ihm zu erzählen! Andere berichten, welchen Spaß es ihm gemacht, aus der Ferne seine Schulbuben zu beobachten, wie sie ihm aus seinem Garten die Äpfel gestohlen. Pfarrer Schefold ist übrigens auch literarisch hervorgetreten — 1846 erschien in Stuttgart ein doppelbändiges Werk über die Parochialrechte, 1851 in Tübingen ein „Rechtliches Gutachten über die beabsichtigte Ablösung der Competenzen“, 1882 ein Buch „Zur Geschichte des Landkapitels Amrishausen“. 1871 Feier des 25jährigen Wirkens in der Gemeinde, bei dieser Gelegenheit wird er Ehrenbürger von Obermarchtal. Am 17. September 1878 feiert er sein 50jähriges Priesterjubiläum, wobei er von der fürstlichen Herrschaft, mit der er stets im besten Verhältnis stand, ein Meßgewand mit Zubehör erhielt, außerdem wurde er Ritter 1. Klasse des Friedrichsordens.

Aus: Adelindisglocke, Kirchenamtliche Mitteilungen für die Stadtpfarrei Buchau- Kappel und die Fderseegemeinden. 22 Jg. Nr.: 37, 38, 40. Buchau 1949

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