Innovative Kulturvermittlung

Den Startschuss für eine ganze Reihe neuer Aktivitäten gab die zwischen 1998 und 2000 erfolgte Erweiterung des Museums um einen großen Freilicht bereich mit Hausrekonstruktionen jungstein- und bronzezeitlicher Siedlungen, die auf der Basis örtlicher Ausgrabungsbefunde im Maßstab 1:1 rekonstruiert worden waren. Damit war der Schritt von einem reinen Museum mit Schausammlung und Magazin hin zu einem besucherorientierten Haus mit vielfältigen Vermittlungs- und Freizeitangeboten vollzogen. Zudem betrieb von nun an ein Team aus Archäologen, Pädagogen und/oder Archäotechnikern sowie zahlreichen Honorarkräften das bis dato weitgehend ehrenamtlich geführte Museumsgeschäft.

Heute lohnt sich ein Blick zurück auf die Entwicklungen am Museum während der vergangenen 18 Jahre. Mit dem Auftrag, sowohl den touristischen, wirtschaftlichen als auch wissenschaftlichen An- sprüchen gerecht zu werden, stellten sich für das Museumsteam gänzlich neue Ziele und Aufgaben: In Partnerschaft mit Universitäten, pädagogischen Hochschulen, in- und ausländischen Museen sowie diversen Kultureinrichtungen entstand in den Fol- genjahren ein ganze Palette neuartiger und innovativer Vermittlungskonzepte. Das Ziel war hochgesteckt: Es galt, die „Archäologie des Federsee“ mit bildungs- und erlebnisorientierten Programmen für das im ländlichen Raum vorrangig vorhandene Frei- zeitpublikum aufzubereiten und dabei den Spagat zwischen Bildung und Event zu meistern und zugleich nicht der Beliebigkeit des Dargebotenen zum Opfer zu verfallen.

Schon im Jahr 2000 wurde daher ein Arbeitskreis von ArchäoTechnikern gegründet, der die Qualität und Zielrichtung vorgeschichtlicher Handwerksdarbietungen – vom Steineschlagen bis zum Bronzeguss – hinterfragen sollte. Mit den pädagogischen Hochschulen in Weingarten und Kreuzlingen (Schweiz) wurde ein Ausgrabungsprojekt für SchülerInnen entwickelt, welches dem Lernort Museum noch heute neue Impulse verleiht. Und lange bevor die ARD und das Schweizer Fernsehen das Thema „Leben wie in der Steinzeit“ für ihr Publikum entdeckten, schickte das Museum eine Familie zurück in die Bronzezeit und eroberte sich damit 30 Minu- ten beste Sendezeit im ZDF. Aus dieser Zeitreise ist inzwischen ein Living-History-Projekt mit Archäologen und Handwerkern entstanden, das auf unser Freigelände und speziell auf den Siedlungsausschnitt der „Wasserburg Buchau“ als neues Vermitt- lungsmodul zugeschnitten ist.

Zur „Bühne“ wurde das Freilichtmuseum schließlich im Jahr 2007: In Zusammenarbeit mit dem Theater Ulm entstand ein Theaterstück, das die frühe bäuerliche Besiedlung der Federseeregion – dargebo- ten von zwei professionellen Schauspielern – im Freigelände inszenierte. Das 2013 präsentierte Schauspiel KRONOS TRAVELS INC. ist heuer das fünfte seiner Art im Zeichen der Federseearchäologie – ohne Zweifel: das ArchäoTheater ist damit zu einer Art „Markenzeichen“ des Museums avanciert. Und dies sind nur einige Beispiele unterschied- lichster Vermittlungsansätze.

Zweites Standbein der Kulturvermittlung sind die diversen Sonderausstellungen, die zusammen mit dem Archäologischen Landesmuseum Baden- Württemberg, entstanden sind. Öffentlichkeitswirksames Aushängeschild waren die oftmals lebendigen Inszenierungen, die diese Ausstellungen begleiteten: Lebendig – im wahrsten Sinne des Wortes – waren zwei urtümliche Exmoorponys, die eine Präsentation über die Domestikation des Pferdes begleiteten. Oder eine als Mordfall inszenierte Ausstellung um den Tod zweier bronzezeitlicher Kinder, der 3000 Jahre später von Archäologen, Anthropologen und Kriminologen wieder aufgenommen wurde (2009). Für die Besucher überraschende Aspekte über das hohe mathematisch-astronomische Wissen unserer Vorfahren präsentierte die Ausstellung über die frühen religionsgeschichtlichen Zeugnisse, die wir in der bronzezeitlichen Wasserburg Buchau fassen können (2011).

Das Wagnis, das man vor gut zwanzig Jahren mit dem Ausbau des Museums einging, darf heute zu Recht als risikoreich, aber auch als ein großartiger Schritt in eine perspektivenreiche Museumszukunft herausgestellt werden: Rund 40 ́000 Besucher werden jährlich in den Räumen des Museums begrüßt! Kultur ist demnach für die Stadt ein nicht zu unterschätzender Wirtschaftsfaktor und Verkaufsschlager! Doch ist eines neben all den Veränderungen der vergangenen Jahre konstant geblieben: Seit fast 100 Jahren lenkt der Altertumsverein den Betrieb unseres Federseemuseums. Ziel wird es sein, das Federseemuseum als den zentralen Ver- mittlungsort für die zum Welterbe ausgewiesenen prähistorischen Pfahlbauten am Federsee und in Oberschwaben auszubauen. Schon jetzt sind die ersten Vorboten dieser neuen Zeit im Gelände sichtbar: Ein dringend benötigter Gebäudekomplex für die Mitarbeiter und für die Museumspädagogik, weitere 1:1-Rekonstruktionen aus der archäologischen Vergangenheit sowie Sanierungen des Lehmbruckbaus mit Hinzugewinn neuer Sonderausstellungsflächen.

Die Zeichen stehen somit weiter auf Erfolg. Dass sich ein solcher in einer erlebnisreiche Zukunft auch einstellt, dies kann man dem Museum, seinen Partnern sowie allen Freunden, Gästen anlässlich des 105jährigen Vereinsbestehens von ganzem Herzen wünschen.

Verein für Altertumskunde und Heimatpflege mit Federseemuseum Bad Buchau e. V.